Von den Dingen des Lebens
Das Handwerksmuseum Ovelgönne ist ein Ausstellungsort zur Geschichte des Handwerks und ihrer Bedeutung für die
Region.
Als Spezialmuseum zur Geschichte des Handwerks ist es volkskundlich und kulturgeschichtlich ausgerichtet.
Werkzeuge und Werkstücke der Alltagskultur, vorwiegend aus dem
18. 19. und 20. Jahrhundert, bilden den Bestand unseres Museums.
Es sind zumeist unscheinbare Dinge aus dem Alltagsleben, die für uns Heutige eigentümlich anmuten und unsere Neugier wecken. Es sind Zeugnisse von Bedürfnissen, Lebens- und Arbeitsweisen, die uns
heute ein wenig fremd sind.
Gemeinsam ist allen Objekten unseres Museums, dass sie der Welt des Handwerks und dem Handwerklichen zugeordnet werden.
Die Exponate, Lebenszeugnisse, Werkzeuge wie Produkte, verweisen auf veränderte Arbeits- und Lebensweisen rund um handwerkliche Traditionen und modernes Handwerk.
Allgemeine Ausstellungsthemen sind:
Die Geschichte der Handwerksorganisationen (von der Zunft bis zur Handwerksinnung), Entwicklung von Techniken und Arbeitsweisen, Wandel im Ausbildungswesen und Strategien der Professionalisierung,
moderne Gesellen- und Meisterstücke, Handwerkerlebensläufe gestern und heute, Frauen im Handwerk, Handwerk und Industrialisierung.
Werkstatt Museum
Das Handwerksmuseum befindet sich immer wieder im Umbau, die Dauerausstellungen werden auf der Grundlage einer
wissenschaftlichen Konzeption immer wieder neu eingerichtet.
Wechselnde Sonderausstellungen werden in einem zusätzlich errichteten Nebengebäude gezeigt. Hier befindet sich auch unsere Museumsschmiede, eine kombinierte Ausstellungs- und Werkstätte, in der
handwerkliche Techniken vermittelt werden können.
Die Aspekte des Künstlerischen im Handwerk liegen dabei in der Bewertung von Materialien und Dingen, in den Präferenzen für
ausgewählte Dekore, Bildmotive (Musterbücher) sowie in den Vermittlungsprozessen, die (z. B. in der Heimat-bewegung) Wiederaufnahmen und das Erfinden von Traditionen konstituierten.
Warum wurden bestimmte Materialien oder „handwerklich“ gestaltete Dinge
(und Werkzeuge, z. B. Webstuhl) als „besser“ bewertet? Wie kam es, daß Objekte des Handwerks – wie diejenigen des Ländlichen – zu Symbolen für Heimat wurden? In der Beantwortung dieser Fragen wird
das Verhältnis von Volkskunst und populärer Massenkultur in seinen sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Zusammenhängen beleuchtet.
Die Aspekte des Handwerklichen in der Kunst verweisen auf die Rezeptionsge-schichte von Fertigkeiten und Techniken, die originär dem Handwerk entstammen. Kein Kunstwerk ohne formale Tradition und ohne Einbettung in den aktuellen Erfahrungs- und Kommunikationszusammenhang. In diesen Koordinaten gilt es, Gestaltungselemente in die zeitgeschichtlichen Strömungen und die sozialen Differenzierungen der Geschmacksbildung einzuordnen. Bedeutungsebenen von Materialien, das Verhältnis von Form und Funktion sind so auch am einzelnen Werkstück zu beleuchten.
Dauerausstellung und Sonderausstellungen
Verbindendes Element zwischen Dauerausstellung und Sonderausstellungen ist ein Blick, der die Objekte als
gemachte, wie Kunstwerke, behandelt und er-schließt.
Immer handelt es sich um Arbeiten mit Werkstoffen. Sie können daraufhin untersucht werden, welche Materialien wann vom wem warum bevorzugt wurden. Es ist wichtig, darzustellen, welche Formtraditionen
in welchen Bereichen wirkten und sie im Bezug auf soziale wie regionale Bedingungen dingfest zu machen.
Im Gestaltungsraum im Obergeschoß werden die Aspekte Materialien und Form der Dauerausstellung flankierend integriert.
Über Sonderausstellungen werden sie an Beispielen in unterschiedlichen kultur-geschichtlichen Zusammenhängen
ausführlicher beleuchtet. So stellte etwa unsere erste Sonderausstellung Gemodelt- Von Backkunst und Kunstgebäck das Formen mit Teig - in den Zusammenhang symbolischer Alltagshandlungen. Es ging
nicht nur um Model und Form im Lebens- oder Jahresbrauch, sondern auch um die Übergänge von Lebensform und Lebensstil, die sich an Backformen im historischen Wandel vermittelten.
Die Ausstellung Altes Eisen zeigte Arbeiten mit Metallen und stellte die tech-nischen Entwicklungen in Beziehung zu den praktischen, repräsentativen und rechtlichen Funktionen, die sie 'nah am Feuer‘
bis ins 19. Jahrhundert hinein für einen Großteil der Bevölkerung innehatten. Besondere Bedeutung erhielten dabei die retardierenden Momente im Verhältnis von Material, Form und sozialen
Aneignungsweisen.
Allgemeine Linien: Thematische Zugänge
Zwar repräsentiert die Sammlung des Handwerksmuseums Handwerk wie es unter ähnlichen landschaftlichen
Gegebenheiten vielerorts ausgeprägt wurde. Doch diese Landschaftstypik wird erst in Durchdringung mit Wirtschafts- und Sozialgeschichte ersichtlich.
Auch für die Zukunft kann und soll es nicht darum gehen, einen Überblick über etwaige typische Gewerke des norddeutschen Raumes zu geben. Die hochtrabende Bezeichnung 'Norddeutsches Handwerkermuseum‘
hatte solche Erwartungen geweckt, konnte sie aber vom Sammlungsbestand bis hin zur Forschung nicht einlösen.
Daraus ergeben sich Aufgaben für die Forschungsarbeit:
Wie für Ovelgönne selbst sind auch für andere Bereiche/Gegebenheiten der heutigen Wesermarsch Schwerpunkte auszumachen und darzustellen. (Das gilt z.B. für die Hausindustrie im Textilbereich.)
Hierfür sind weitgehende Forschungen nötig, die auch in Zusammenarbeit mit den Universitäten durchgeführt werden können.
Umgekehrt muß die Regionalspezifik des Themas Handwerk auch durch For-schungen zum regionalen Objektbestand deutlicher herausgearbeitet werden.
Lebensformen
Das Verhältnis von Lebensform und Lebensstil im historischen Wandel ist Grundstruktur der Dauerausstellung. Sie
wird mit Berücksichtigung des Bereiches Fotografie im Obergeschoß auf den Punkt gebracht.
Fotografie ist nicht nur als Medium für individuelle, biografische Präsentation eine wichtige Innovation im Bereich alltäglicher Techniken, sondern sie vermittelt historisch auch wichtige kulturelle
Techniken. Mit ihr wird der Blick auf den Alltag für jedermann selbstverständlich.